Am Mittwoch, den 15.10.2025, nahm das P-Seminar Biologie an einem Schülerseminar des Transplantationszentrums Erlangen-Nürnberg teil.
Trotz der bahnbedingten Widrigkeiten schafften es die 10 Schülerinnen und Schüler mit ihren begleitenden Lehrkräften, der Seminarleiterin, Frau StDin Claudia Breutel-Egner und Frau StRin Franziska Harrer, pünktlich im großen Hörsaal der medizinischen Fakultät der Universität Erlangen zu sein. Dank der reservierten Plätze konnten sie im voll besetzten Hörsaal in Reihe 4 direkt vor dem Redenpult Platz nehmen und hatten so ideale Bedingungen, um den Vorträgen zu folgen und Fragen zu stellen.
Nach der Begrüßung durch Herrn Florian Wilfert, dem leitenden Wartelisten-koordinator und Assistent der Geschäftsleitung am Transplantationszentrum Erlangen-Nürnberg, begann Herr Prof. Dr. Hajo Hamer vom Uniklinikum Erlangen mit seinem Vortrag zum Thema Hirntod, der Voraussetzung, postmortal ein Organ zu spenden.
Ausgangspunkt des Vortrages war zunächst die Definition des Todes, welche sich im Laufe der Zeit doch deutlich geändert hat. In der Antike galt das Herz als Zentrum der Seele. Diese cardiozentrische Sichtweise war bis hin zur Aufklärung weit verbreitet, führte aber auch manchmal fälschlicherweise zur „Todesfeststellung“. Im Jahre 1732 wurde ein Mensch zum ersten Mal in der Geschichte mithilfe von Mund-zu-Mund-Beatmung wiederbelebt und einige Jahre später, 1774, erfolgte die erste Wiederbelebung durch Elektrostimulationen am Herzen. Allgemein kann man davon ausgehen, dass spätestens nach einem fünfminütigen Stillstand von Kreislauf und Atmung die Hirnfunktion irreversibel erlischt und der Hirntod eintritt. Da es aber auch andere Ursachen für das Eintreten des Hirntodes wie beispielsweise eine Hirnblutung gibt, kann dieser Zustand auch unter künstlicher Beatmung und erhaltender Herztätigkeit eintreten. Nach der Erfindung von Beatmungsgeräten wurde von französischen Medizinern dieser Zustand als „coma depasse“, ein Zustand unterhalb des Komas, beschrieben. Seit 1982 bestehen strenge Kriterien für die Feststellung des Hirntodes, welche immer wieder erneuert werden. Unabhängig voneinander müssen zwei in der Intensivmedizin erfahrene Ärzte den Hirntod feststellen. Hierzu muss ein tiefes, irreversibles Koma, der Verlust der Hirnstammreflexe, der sogenannten Areflexie, sowie der Spontanatmung vorliegen. Diagnostisch erfolgt auch der Nachweis der fehlenden Durchblutung des Gehirnes und die Aufnahme eines EEGs mit der Beobachtung der EEG-Null-Linien. Zudem muss eine Unterkühlung und medikamentenbedingte Ursache für die Beobachtungen ausgeschlossen werden. Diese Untersuchungen werden von den zwei Ärzten nach minimal 12 und maximal 72 Stunden wiederholt und wenn beide dann den Hirntod feststellen, gilt er als erwiesen. Herr Professor Hamer wies während seines Vortrages mehrmals darauf hin, dass zwischen der Feststellung des Hirntodes und der eigentlichen Organtransplantation kein Zusammenhang bestehen darf. Ärzte versuchen immer alles medizinisch Mögliche, das Leben eines jeden Patienten zu retten und erst nach erwiesenem Eintreten des Hirntodes wird eine Organtransplantation in Betracht gezogen. Außerdem appellierte er an die Anwesenden angesichts einer aus seiner Erfahrung häufigen Ursache für das Auftreten eines Hirntodes im Jugendalter „Fahrt Fahrrad mit Helm!“.
Im Anschluss daran referierte Frau Caroline Jürgen vom Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege über die rechtlichen Grundlagen der Organspende und -transplantation. Sie verwies auf die unterschiedlichen Regelungen innerhalb Europas und die wiederholten Versuche, auch in Deutschland die in anderen Staaten übliche „Widerspruchsregelung“ statt der momentan noch gültigen „Erweiterten Zustimmungsregelung“ gesetzlich zu verankern. Zudem erläuterte sie das online erreichbare „Organspendenregister“, in welchem sich alle Personen ab dem 16. Lebensjahr registrieren lassen können.
Nach einer kurzen Pause gab Herr Florian Wilfert zunächst einen Überblick über statistische Werte wie beispielsweise dem Verhältnis von Menschen auf der Warteliste und den tatsächlich vorhandenen Organspendern. Er ließ dabei die Zuhörer eindrucksvoll an seinem persönlichen Erfahrungsschatz als Pfleger auf den entsprechenden Intensiv- und Notaufnahmestationen teilhaben. Sowohl Patienten auf der Warteliste als auch transplantierte Patienten und Angehörige möglicher Organspender kamen auf diese Weise „zu Wort“. Herr Wilfert bezeichnete eine postmortale Organspende als „Geschenk nach dem Tod“. Im Zuge seines Vortrages stellte er den Verlauf einer Organspende sowie die Aufgaben der DSO und Eurotransplant ebenso übersichtlich dar wie die Voraussetzungen, die zur postmortalen Organspende gegeben sein müssen. Aufgrund seiner persönlichen Erfahrungen konnte das Publikum den Verlauf einer Organspende bis hin zur Nachsorge nicht nur aus medizinischer Sicht, sondern auch emotional aus Sicht aller Beteiligter, der Patienten, der Angehörigen und des medizinischen Personals nachvollziehen. Die anschließenden Fragen der Schülerinnen und Schuler zeigten, wie sehr sich alle angesprochen fühlten.
Nach diesem eindringlichen Vortrag war eine kurze Pause für Gespräche absolut notwendig. Danach konnten die Semianteilnehmer eine „En-bloc- Nierentransplantation“ an einem Kind in einem vom Assistenzarzt Jonas Brendel-Suchanek kommentierten Videos seiner Chefin, der leitenden Oberärztin der kinderurologischen Klinik am Uniklinikum Erlangen, Frau Dr. Karin Hirsch-Koch „life“ miterleben.
Sehr eindrucksvoll für alle Zuhörer war der Bericht eines Betroffenen, welcher von Herrn Wilfert und Herrn Dr. Wilhelm Laqua von der medizinischen Klinik für Nephrologie und Hypertensiologie vom Transplantationszentrum Erlangen-Nürnberg vorgestellt wurde. Dieser Herr, der nach Jahren des Leidens mit einer Zystenniere, einschließlich der nötigen Dialyse erst eine Woche zuvor ein Spenderorgan erhalten hatte, schilderte eindringlich seinen Leidensweg und sein Empfinden nach der Transplantation. Unter anderem appellierte er sehr eindringlich, sich so früh wie möglich mit dem Thema Organspende auseinanderzusetzen und dieses wichtige Thema auch mit anderen zu besprechen.
Nach diesem sehr eindrucksvollen, aber auch anstrengenden „Vorlesungstag“ waren sich dennoch alle Teilnehmer des P-Seminars einig, dass diese Veranstaltung des Transplantationszentrums Erlangen-Nürnberg, in welcher neben den äußerst informativen Vorträgen sowohl während dieser Vorträge als auch in der Pause und nach Ende der Veranstaltung jederzeit die Möglichkeit bestand, konkrete Fragen zu stellen und alle Beteiligte auch persönlich anzusprechen, absolut empfehlenswert ist. Die Schülerinnen und Schüler haben eine umfassende und zum Teil auch sehr eindrucksvolle „Runduminformation“ zu dieser wichtigen Thematik erhalten und danken allen Vortragenden, die sich Zeit für dieses Schülerseminar genommen haben.










